Kreislaufwirtschaft am Bau: Das erwartet die Baubranche
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Im Rahmen einer Großveranstaltung konnte die Fachcommunity nicht nur Neues erfahren, sondern auch abschätzen, wie die Kreislaufwirtschaft die Planung und Ausführung von Baustellen beeinflussen wird: Primärmaterialien sind schon in den nächsten Jahren zu schonen, Kreislaufwirtschaftsprodukte müssen vermehrt zum Einsatz kommen. Europa denkt daran, Recyclingquoten vorzusehen. Der Anfall an Aushubmaterialien nimmt in den letzten Jahren stark zu und diese machen schon 61% der Gesamtabfälle aus. Da nur 22% davon rezykliert werden, wird ein starkes Potential gesehen, diesen Mengen ein neues Leben einzuhauchen – als Recycling-Baustoff, als Boden im Sinne einer Verfüllung. Besonders interessant: Erstmals werden für Österreich Info-Blätter für Baustellen vorgestellt, um das Gipsplattenrecycling einzuführen.
Die Wichtigkeit der Kreislaufwirtschaft
Jose Blanco, Generalsekretär des Europäischen Abbruchverbandes EDA, stellt klar: 1,5 – 3 Tonnen Abbruchmaterial fallen jährlich an, im Bauwesen werden 20% des Wasserverbrauchs verwendet, 40% des CO2-Ausstoßes sind durch Bauten verursacht. Europa möchte daher 2030 bei jedem zweiten Bauobjekt 15% der Baumaterialien wiederverwendet wissen und zusätzlich 15% Recycling-Komponenten verwendet wissen. Thomas Kasper, Präsident des Österreichischen Baustoff-Recycling Verbandes, beleuchtet dies für Österreich: Die Kreislaufwirtschaftsstrategie, im Entwurf vom Klimaministerium Anfang des Jahres vorgestellt, verlangt eine Ressourcenschonung von 25% in den kommenden 8 Jahren – dies lässt sich alleine durch Steigerung des Baustoff-Recyclings nicht schaffen, da Österreich eine Recyclingquote von 85-90% aufweist und eine Steigerung nur mehr im geringen Ausmaß möglich ist. Ein großes Potential sieht Kasper hingegen beim Aushub: Baustellenaushübe fallen mit 42 Mio. Tonnen jährlich an, vom einfachen Kelleraushub bis hin zum Tunnelausbruch. Da weniger als ein Viertel davon einer Verwertung zugeführt wird, ließe sich das stark steigern – auch wenn nicht alle anfallenden Aushübe die ausreichende technische Qualität aufweisen. Roland Starke, BMK, unterstreicht dies: Gerade bei der größten Menge an Bodenaushub, der der Kategorie „Aushub mit Hintergrundbelastung“ entspricht, werden mehr als ¾ deponiert, selbst bei der besten Umweltqualität „A2-G“ werden nicht einmal 30% einer Verwertung zugeführt. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten für die Verwertung: Aushub als Boden für die Verfüllung verwenden oder Aushub als Ausgangsmaterial für die Produktion von Recycling-Baustoffen heranziehen. Gerade im Bereich des Deponiebaus sieht Kasper einen entscheidenden Ansatzpunkt: Die Deponieverordnungsnovelle 2022 soll unter dem Aspekt der Kreislaufwirtschaftsstrategie die Verwendung von Kreislaufprodukten federführend vorsehen – damit können im Deponiekörper Primärbaustoffe eingespart werden.
BAWP neu
Spätestens Anfang Mai soll der BAWP22 im Entwurf vorliegen: Dieser wird neue Begriffsbestimmungen enthalten, z.B. für Bodenrekultivierung bzw. Erdbaumaßnahmen. Gefährlich verunreinigtes Aushubmaterial soll nach Behandlung nicht mehr als Ausgangsmaterial für Erdbaumaßnahmen zulässig sein – sehr wohl aber nach den notwendigen Reinigungsschritten zu Recycling-Baustoff verarbeitet werden können. Im Zusammenhang mit verunreinigtem Bodenaushubmaterial kündigte Starke die Einführung einer chemischen Bauaufsicht an.
Da Kleinmengen (also Aushübe unter 2000t pro Bauvorhaben) einen Gutteil des Bodenaushubes insgesamt ausmachen, wird für diese eine Untersuchungspflicht (grundlegende Charakterisierung) vorgesehen werden, sollten diese zu Recycling-Baustoffen verarbeitet werden. Weiters soll für die Recycling-Baustoffproduktion aus Aushubmaterial unter Zugabe von Recycling-Baustoffen nur mehr die Qualitätsklasse U-A zugelassen werden.
Recycling-Ziegelprodukte für Substrate
Substrate sind ein Grundmaterial, das den Boden bildet. Die Bauwirtschaft kennt Substrate in Zusammenhang mit Dachbegrünungen, Baumscheiben oder zur Verbesserung landwirtschaftlicher Böden. Günter Gretzmacher, bis vor einigen Jahren Präsident des BRV, leitete dazu eine Arbeitsgruppe, deren Ergebnis im Rahmen der BRV-Tagung erstmals präsentiert wurde: Das BRV-Merkblatt „Verwendung von Ziegel-hältigen Recycling-Baustoff-Produkten“ beinhaltet die Grundlagen für den Einsatz von RH, RHZ, RMH, RS und RZ der Qualitätsklasse U-A für „Nicht-Baumaßnahmen“. Das BMK stellte dazu klar, dass mit dem Erreichen des Abfallendes dies auch für alle Maßnahmen gilt, die den zulässigen Einsatz sicherstellen, unabhängig, ob ein Baustoff vorliegt oder nicht.
Die Zukunft der Gipsplatten
Der Trockenausbau ist aus den Büro- und Administrativbauten ebenso wenig wegzudenken wie im Einfamilienhausbau. Die Basis dafür bilden unterschiedliche Formen von Gipsplatten, die einen hohen Anteil des Rohstoffes Gips enthalten. War dieser nicht nur durch Naturvorkommen gedeckt, sondern auch durch REA-Gips aus Kohlekraftwerken, so wird Gips in Hinkunft rarer werden. Darüber hinaus ist die Verwertbarkeit von Gipsplatten gegeben, es benötigt dafür aber rechtliche Rahmenbedingungen und die Festlegung technischer Parameter. Alois Fürnkranz stellte dazu 2 Informationsblätter vor, die dem Bauherrn und Planer bzw. dem Abfallsammler die ersten Grundlagen vermitteln sollen. Ein Gipsplattenrecycling benötigt Voraussetzungen: Gipsplatten müssen getrennt in ausreichend großen Mulden oder Containern gesammelt werden, dürfen nicht nass werden und müssen möglichst ohne Fremdkörper (Fliesen, Schrauben) dem Behandler übergeben werden. Darüber hinaus steht die Logistik im Mittelpunkt; derzeit können nur 2 Gipsplattenproduzenten in der Steiermark diesen Recyclinggips für die Herstellung neuer Gipsprodukte einsetzen.
Baustoff-Recycling in Europa
Miroslav Skopan, Präsident der Europäischen Gütegemeinschaft Recycling Baustoffe EQAR, sieht im europäischen Zusammenhang die Kreislaufwirtschaft im Aufwind. Er lädt alle Interessierten ein, am 1. Juni am internationalen Baustoff-Recycling Kongress (www.eqar.info) der EQAR, der im Rahmen der Umweltmesse IFAT stattfindet, teilzunehmen. Themen der richtigen Ausschreibung, der Einbeziehung in die gerade im Entwurf befindliche Bauprodukteverordnung, werden diskutiert werden.
Link zur APA-OTS-Fotogalerie mit Bildern der BRV-Fachtagung „Baustoff-Recycling: Best Practice für die Kreislaufwirtschaft“ am 7.4.2022 im Hotel Melia, DC-Tower Wien:
Weiteres Bildmaterial kann beim BRV angefordert werden.
Nähere Informationen:
Österreichischer Baustoff-Recycling Verband
Univ.Lektor Dipl.-Ing. Martin Car, Geschäftsführer
Karlsgasse 5, 1040 Wien
01/504 72 89
brv@brv.at
Beilage: